Eine große städtische Wohnungsbaugesellschaft plant in der Zeit von Anfang Mai bis Mitte August angebliche Sanierungsarbeiten an drei Häusern in Berlin Lichtenberg, am Fennpfuhl, vorzunehmen. Das sich Wohnungsbaugesellschaften um ihre Liegenschaften kümmern und diese in Schuss halten, ist erst einmal eine sehr gute Nachricht.

Die drei Häuser, um die es sich handelt sind jeweils 12-stöckig und haben nur einen Fahrstuhl. Dieser Fahrstuhl soll in der Zeit von 03.07.-14.08.2023 saniert werden. In diesem Zeitraum ist der Fahrstuhl nicht nutzbar. In jedem der Häuser befinden sich 55 Mieteinheiten. Mindestens 3 Bewohner aus einem der Häuser sind auf Rollatoren, eine auf einem eRollstuhl angewiesen, um ihre Wohnung verlassen zu können. Für alle 4 Bewohner ist es nicht möglich selbstständig die Treppe zu benutzen.

Quelle: Howoge Kiezprotrait – Miteinander

Auf Nachfragen bei Lieferdiensten wurde bestätigt, dass Lieferungen über der 3. Etage erst gar nicht angenommen werden, wenn die Lieferung über den Treppenaufgang, also ohne Aufzug, stattfinden muss.

Nach Ankunft des Informationsbriefes wurde mit der Wohnungsbaugesellschaft und der zuständigen Sachbearbeiterin telefoniert. Diese schlug vor, dass alle betroffenen Bewohner ja auch einen Behindertenstatus hätten, sprich einen Pflegegrad hätten und dieser genutzt werden kann, um z.B. die Kurzzeitpflege zu nutzen. Sie erklärte in diesem ersten Telefonat, dass keine Ersatzwohnungen im eigenen Bestand zur Verfügung stehen würden, um eine temporäre Umsetzung der Bewohner für den Zeitraum des Fahrstuhlstillegung organisieren zu können.

Die Kurzzeitpflege ist eine Säule unseres Sozialsystems und ist im § 42 SGB XI verankert. Sie ist anwendbar, wenn z.B. nach einem Krankenhausaufenthalt, die häusliche Umgebung für den Betroffenen noch nicht fertig vorbereitet ist, oder wenn der/die Hauptpfleger*in unerwartet ausfällt. Der Aufenthalt in einer stationären Kurzzeitpflegestation ist auf 6 Wochen beschränkt. Bezahlt werden nur die Pflegekosten. Wohnen und Essen müssen aus eigener Tasche bezahlt werden.

>>>> Die Wohnungsbaugesellschaft möchte also, dass Sozialgelder dafür verwendet werden, um sich selber das Leben zu erleichtern! <<<<

Die betroffenen Bewohner schrieben daraufhin einen ausführlichen Brief an die Wohnungsbaugesellschaft, mit einer Fristsetzung von 10 Arbeitstagen, um mit der Wohnungsbaugesellschaft ins Gespräch zu kommen. Der Brief wurde bis heute ignoriert und nicht beantwortet. Ein erneuter telefonischer Versuch der Bewohner, zwei Tage nach Fristablauf, einen Kompromiss zu finden, scheiterte an dem sehr ablehnenden Verhalten der Sachbearbeiterin im Kundenzentrum.

Fazit!

Die Wohnungsbaugesellschaft versucht das Problem einfach auszusitzen und rechnet nicht damit, das sich die betroffenen Bewohner tatsächlich zur Wehr setzen.

Die Kompromisslosigkeit der Wohnungsbaugesellschaft ist beispielhaft für unsere heutige Gesellschaft. In vielen Bereichen gibt es nur 2 Fronten, weiß und schwarz. Lösungsorientiertes Verhalten scheint völlig aus der Mode gekommen zu sein.

In unserem aktuellen Fall jedoch kommt noch ein weiteres Kriterium hinzu, nämlich die Tatsache, dass die Wohnungsbaugesellschaft bereits bei der Planung der Baumaßnahme und dem Wissen, dass in diesen Häusern Mieter leben, die ohne Fahrstuhl ihre Wohnung nicht verlassen können, eben genau diese mobilitätseingeschränkten Menschen aber auch einen Pflegegrad haben und damit Leistungen aus unserem Sozialsystem erhalten, wie die Kurzzeitpflegeleistung, die in Anspruch genommen werden kann, damit die Wohnungsbaugesellschaft betroffene Mieter nicht auf eigene Kosten temporär umsetzen muss.

Ich nenne das einen von der Wohnungsbaugesellschaft hausgemachten Lockdown für alle mobilitätseingeschränkten Mietern! Kurz gesagt, nach der deutschen Gesetzgebung ist das eine mindestens 6-wöchige Freiheitsberaubung und die Verhinderung für jeden betroffenen Mieter, ein selbstbestimmtes Leben führen zu dürfen.

Meine Frage ist nun, nach dem die Wohnungsbaugesellschaft nicht gesprächsbereit ist, welche Möglichkeiten haben die betroffenen Mieter gegenüber der Wohnungsbaugesellschaft, um ein zu erwartendes Drama noch abzuwenden?

Der Anwalt der Mieter, Herr Dr. Frank Krüger, empfiehlt zügig eine öffentliche Pressekonferenz zu veranstalten, auf die auch Vertreter der Wohnungsbaugesellschaft eingeladen werden sollen, um Stellung zu beziehen.

Darüber hinaus sind die angekündigten Sanierungsarbeiten bei genauerer Betrachtung keine Sanierungen, die eine Mieterhöhung rechtfertigen würden, sondern zum größten Teil Instandsetzungsmaßnahmen, die eine Mieterhöhung nicht möglich machen.

Kommentare können auch direkt per email an uns versendet werden!

becker@sieh-um-dich.org

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